23 Feb Das Seemannsgrab
Das einsame Dünengrab. In der Nähe des Bibelkreisheims – auf Baltrum kurz BK-Heimgenannt, liegt im Baltrumer Ostdorf, einsam an einer Düne, ein Grab. Hier ruht Hendrik Dirk de Boer. Früher stand dort ein aus brasilianischem Hartholz geschnitzter „Doodpaal“, heute steht dort ein Gedenkstein, auf dessen verwitterter Tafel zu lesen ist:
S. V. L. K. D.
VAN H. D. DE BOER
GEB. 12. OKT 1794 IN VEENDAM
OVERLEEDEN ALLHIER
DEN 12. JULI 1849
Von diesem Grab erzählen die Insulaner folgende Sage:
Ein holländischer Kapitän, im Baltrumer Volksmund „Jan de Boer“ genannt, lag zur Ebbe im Watt vor Baltrum, um die Flut abzuwarten. Sein Schiff war die Tjalk „Jaltina“, ein Segelschiff mit flachem Boden, einem Mast und Seitenschwertern, wie es hauptsächlich zum Einsatz im Wattenmeer verwendet wird. Bei Ostwind kam es häufiger vor, dass die Schiffe tagelang im flachen Watt liegen blieben, da der Wind das Wasser aus der Nordsee drückte und die Schiffe oft schwer beladen waren. So erklärt es sich, daß dem Schiffer „Jan“ de Boer der Proviant ausgegangen war, den er nun auf Baltrum ergänzen wollte.
Als er auf die Insel kam, forderte er von den Insulanern Weißbrot und Genever. Doch da die Einwohner in sehr dürftigen Verhältnissen lebten, konnten sie ihm nur Schwarzbrot und Ziegenmilch anbieten. Zornig verließ der Holländer das Eiland und erklärte, auf so einem elenden Sandhaufen möchte er nicht leben, ja nicht einmal begraben sein!
Wegen des niedrigen Wasserstandes konnte das Schiff auch an den nächsten Tagen seine Fahrt nicht fortsetzen, und völlig unerwartet verstarb der Kapitän „Jan“ de Boer.
Seine Besatzung bat die Insulaner, den Toten auf dem Inselfriedhof bestatten zu dürfen.Aber den Insulanern waren die Verwünschungen des Verstorbenen noch zu frisch in Erinnerung: „Nicht einmal auf den Baltrumer Friedhof möchte er begraben sein…“. Die Insulaner sahen in dem überraschenden Tod des Kapitäns einen Fingerzeig der starfenden Gerechtigkeit Gottes und verweigerten ihm ein christliches Begräbnis auf dem Inselfriedhof. So durfte „Jan“ de Boer von seinen Leuten nur in den einsamen Dünen begraben werden.